Lost Places 101

Hahaha, gut klauen wir die Idee, die schon zig Leute vor mir hatten. Nein, im Ernst: Auch wenn der Hype langsam aber sicher zurückgeht, so bekomme ich (gerade in letzter Zeit) immer mal wieder die Frage gestellt, wie man solche verlassenen Orte überhaupt findet. Wie schon erwähnt, haben dieses Thema schon genug Leute vor mir bearbeitet, aber egal, das hier ist mein Blog und ich mach, was ich will! 😉 Deswegen hier:

„Roach’s ultimativer Guide zum Suchen und Finden von Lost Places“

 

Natürlich kommt man schnell zu Orten, wenn man Kontakte hat. Ist auch immer wieder fein aber ich persönlich liebe die Recherchen…wohl eine Berufskrankheit (lach). Hier also meine Schritte zum Ziel.

Achja, wie immer bezieht sich „Urbex“ hier nicht nur auf den städtischen Raum, aber da „Rurbex“ immer noch nicht so wirklich verwendet wird, belassen wir es wie auch bei den anderen Artikeln der Einfachheit halber beim „Urbex“.

Schritt 1: Macht es euch bequem, Suchen nimmt mitunter viel Zeit in Anspruch.

Schritt 2: Google oder jede andere beliebige Suchmaschine. Generell lassen sich viele Orte schnell mit ein paar Klicks auf Google finden, gerade für bekannte Locations oder größere Städte trifft dies zu. Die Stichworte „Berlin“ und „Lost Places“ werden euch zum Beispiel schnell einige Ergebnisse bringen. Das war’s eigentlich auch schon. In Zeiten des Internets ist die Suche selten ein Problem.

Und wenn ich Urlaub mache und in einem bestimmten Bereich suchen will?

Schritt 3: Im Prinzip fangen wir wie in Schritt 2 an. Ich nehme die Stadt oder die Region, welche für mich interessant ist und nimm mir noch ein Stichwort dazu, welches etwas mit Urban Exploration zu tun hat, also entweder Sachen wie „altes …, Urbex, Lost Places, Verlassen“ etc. An sich keine Zauberei. Wenn ich nun im Ausland suche bietet es sich natürlich an, den Übersetzer auszupacken und mit den Stichworten in der Landessprache zu suchen. Mit etwas Glück landet man dann schnell mal auf Einträge in Blogs, Zeitungsartikel, Katastereinträgen oder Dokumentationen. Dann wäre auch dieses Problem gelöst. Zumindest hat man Anhaltspunkte. Dann geht es mit Übersetzungstools oder den eigenen Sprachkenntnissen und Google Maps (oder welches Programm auch immer ihr bevorzugt) weiter. Wenn der Standort in diesen Quellen nicht vorkommt so gibt eine Suche mit dem Originalnamen den letzten Hinweis. Leider ist dieser Idealfall meistens die Ausnahme. Ein anderes Problem ist, dass Orte meistens schon so bekannt sind, dass sich ein Besuch oft nicht mehr lohnt.

Was aber wenn eine Location nun doch nicht sonderlich bekannt ist, es sie nur mit Decknamen gibt?

Schritt 4: Nochmal exakt das gleiche wie vorher, nur diesmal mit etwas mehr Recherche. Einer der ersten Schritte, die ich in so einem Fall mache ist, so banal er klingen mag, einfach mal den Decknamen plus Stichworte wie „Standort“, „Koordinaten“ oder „Location“ einzugeben. Manchmal klappt es auch. Wenn nicht, such ich mir erstmal Informationen von allen möglichen Seiten zusammen. Die Stichworte, welche sich immer überschneiden werden für den nächsten Teil der Suche verwendet. Die Art und Genauigkeit der Informationen ist zwar abhängig von der Quelle, aber es gibt Informationen, welche so gut wie immer vorkommen. Das Land (meistens gibt das schon der Deckname preis) und die ungefähre Zeitspanne, aus welcher das Objekt stammt. Selbst wenn diese nicht konkret angegeben wird, so reicht ein bisschen Hintergrundwissen aus dem Bereich der Kunst-, und Architekturgeschichte um den Zeitrahmen einordnen zu können.

Exkurs 1: Ein gutes Beispiel sind Schwalbenschwanzzinnen. Diese wurden bei Schlössern oder Wehrbauten ausschließlich in Südtirol, der Oberen Adria bis zum Apenninvorland und vor allem in der Po-Ebene angebracht. Auch später dienten sie als dekoratives Element bis zum Ende der Renaissance. Ein anderes Merkmal können bestimmte Gestaltungsmerkmale auf Malereien sein. Besonders gute Informationen liefern Kleidung, Rüstung oder Wappen. Dort verhält es sich zumindest bis etwa ins 18. Jahrhundert sehr ähnlich mit der regionalen Begrenzung. Gewisse Baustile kommen auch oft nur in gewissen Regionen vor, trifft man außerhalb dieser auf den Baustil, so kann man sich sicher sein, dass es irgendwo gute Informationen gibt. Außerdem haben gerade Prunkbauten immer mit jemand besonderen zu tun. Nach dem Mittelalter sind dies meistens Landbesitzer oder reicher Adel, welcher großen Einfluss auf die Region hat. Damit zu…

Schritt 5: Die richtigen Archive. Mein persönlicher Liebling: Wikipedia. Wiki hat tatsächlich oft komplette Listen über außergewöhnliche und geschützte Objekte im Land. Dies gilt auch für Kirchen, Seminare, Universitäten und Hochschulen, Freizeitparks und Krankenhäuser. Dann heißt es halt durchklicken und Bilder vergleichen.

Cooler Nebeneffekt 1: Damit kann man auch Orte finden, nach denen man gar nicht gesucht hat.

Cooler Nebeneffekt 2: Wiki hat die exakten Koordinaten zum Objekt.

Cooler Nebeneffekt 3: Habe ich ein Objekt, welches sehr ähnlich ist, so kann es gut sein, dass der andere Bau vom selben Architekt ist. Also einfach mal mit dem Namen des Architekten weiter suchen.

Was aber  wenn die Architektur oder Malereien nicht viel hergeben und ich nun trotzdem nur mit Land, bestenfalls Region und ungefähren Jahr dastehe?

Schritt 5: Bilder durchklicken oder Videos genau anschauen! Es ist relativ häufig, das kleine Informationen nicht zensiert werden, entweder weil sie scheinbar zu wenig hergeben, um wirklich was über den Ort zu sagen oder weil sie von so weit weg fotografiert wurden, um etwas zu erkennen.

Exkurs 2: Briefe. Briefe haben, ganz klar, einen Empfänger drauf, wenn der Brief im Haus liegt, dann kann ich davon ausgehen, dass derjenige dort wohnte.

Einfachste Methode: Bild speichern und heranzoomen. Gerade bekannte Explorer haben gutes Equipment und selbst beim Runterendern der Bilder auf Onlineplattformen geben diese oft noch eine sehr gute Qualität her. Je nach Zeitraum kann das Entziffern etwas schwierig werden, aber auch dafür gibt es Vorlagen im Internet.

Alternativ: Alles andere. Zeugnisse, Fotos, Schulbücher, Zeitungen etc. Irgendwas findet sich immer, besonders in Videos kommt einem sicher etwas unter. Fotos wurden früher oft mit einer Beschreibung versehen, Schulbücher haben die Namen der Kinder und damit den Nachnamen und gerne auch das Schuljahr. Zeitungen sind Zeitzeugen und wenn es sich dann noch um Lokalblätter handelt, ist man wieder einen Schritt weiter. Zeugnisse, ganz klar enthalten den Namen, eine Jahreszahl und zumeist auch die Institution, welche selbige ausgestellt hat. Bei Hochschulzeugnissen lohnt es sich zu schauen, ob es eine Vita zur Person gibt, damit bekommt man normalerweise den Geburtsort, Wohnorte und ehemalige Arbeitsplätze. Irgendwie bekommt man immer Informationen zusammen.

Exkurs 2: Besonders praktisch sind Dinge, welche das Hobby betreffen, vor allem wenn unser Objekt nach 1945 verlassen wurde. Vereine arbeiten ihre Geschichten nach und nach auf, ebenfalls ein leichtes so an Namen zu kommen. Hat sich der Gesuchte an Wettbewerben beteiligt so lässt sich sicherlich irgendwo eine Übersicht der Teilnehmer und des Ablaufes finden. Hat derjenige noch Tiere gezüchtet so lassen sich Informationen zum Besitzer sogar über den Namen des Zuchtieres finden.

Cooler Nebeneffekt 4: Zuchtverbände und Vereine geben bei Gewinnern auch den Wohnort an. Damit sind wir auch hier am Ziel. Aber machen wir mal ohne den genauen Wohnort weiter.

Jetzt haben wir schon mal das Land bzw. die Region, ein Jahr und einen Namen. Was jetzt?

Schritt 6: Suchen wir die Familie. Das funktioniert genau wie früher am besten über Telefonbücher und Katastereinträge. Hier kommt dann wieder die Karte zur Hilfe. Grenzen wir also den Bereich ein. Wenn wir Glück haben, lebt die ganze Verwandtschaft noch nah beieinander. Haben wir es mit adeligen Personen zu tun, so kann man die Region ebenfalls eingrenzen.

Schritt 7: Der wohl aufwendigste und langwierigste. Die Karte absuchen. Ausschau halten nach Dächern mit Verfärbungen oder offensichtlich verwilderten Gärten! Praktisch wird es, wenn das jeweilige Land Street View erlaubt, dann kann man direkt schauen, ob das Objekt zu den Bildern passt. Mehr gibt es hierzu eigentlich nicht zu sagen, nehmt euch Zeit und sucht gründlich ab. Wer es ernst meint, der hält auch das durch und die Freude nachher ist umso größer. 😉

Sooo….wow…das wurde länger als er watet. Hoffentlich konnte der Beitrag ein bisschen weiterhelfen und euch ein paar Tipps geben. Nochmal: Das hier ist meine Version, vielleicht ist es komplizierter als es sein muss aber es hat bis jetzt immer funktioniert. 😀

Cheers!

~ Roach

 

18 Gedanken zu “Lost Places 101

  1. vielen vielen Dank für diese Tipps ! Manche habe ich schon selbst gemacht und manche sind neu für mich ! Also mein Problem ist wie schon gesagt, in meiner Nähe gibt es keine Lost Place mehr !! Ich war kürzlich in einem verlassenen Hotel ( nein an einem ) und habe es auch gefunden. Keine Chance da reinzukommen. Da müsste man schon „einbrechen “ ! Ich denke eben die sehenswerten Lost Places sind tausendfach besucht und darüber berichtet worden und viele Besitzer sind auch schon auf den Trichter gekommen dass man unter Umständen damit Geld verdienen kann. Also wird Eintritt dafür verlangt oder man kann die Location stundenweise mieten ! Du wirst sehen in 1 oder 2 Jahren ist dieses Thema einfach erledigt und keiner redet mehr über Lost Places !!!! Trotzdem Danke für deine Tipps !

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    • MIr solls wurscht sein, dann ist nimmer so viel los xD Bin ja zum Glück nicht von Klicks abhängig. Wobei ich persönlich finde, dass momentan extrem viel Vandalismus passiert. Auch bei Objekten, wo es mich wundert, dass sich die Typen die Fahrt überhaupt antun. Wir sind Ostern bei dir in der Gegend, aber mit Ziel Frankreich/Luxemburg , eventuell Südbelgien, ein bisschen was haben wir aber größtenteils in Grenznähe. Aber ja, es ist bei uns das selbe, gibt nicht mehr viel aber wir haben zum Glück recht kurze Wege in die Nachbarländer.

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      • ich weiß das speziell Belgien jede Menge Lost Places bietet. Luxemburg ? Frankreich ?
        Da werdet ihr fündig werden da bin ich völlig überzeugt. Hier kümmert es auch niemand ! Bei uns hier wären dieses alle sofort barrikadiert ohne von Zäunen umgeben. Wünsche dir auf jeden Fall viel Erfolg !!!!

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      • In Luxemburg und Belgien haben wir einiges. In Frankreich auch aber wir bleiben in Grenznähe zu Deutschland aus Zeitgründen. Die Westfront bietet neben ein paar Villen ja genug Material 😉 In D siehts im Moment no mager aus, da ist echt viel weg jetzt. Etwa ab Aachen schauts besser aus aber des ist halt schon ne ganz andere Ecke. Danke! Sind diesmal auch mit wem anderen unterwegs, könnt ganz lustig werden 😉

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  2. Ich finde es immer toll, mich mit den Leuten vor Ort auszutauschen. Da erhält man auch klasse Tipps. Vielleicht sind es nicht die absoluten lost places, aber doch eher unbekannte Ort mit einem tollen Charme. Mir reicht das. 🙂

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    • Ist natürlich auch immer sehr nett! Ab und zu bekommen wir auch lokale Tipps, zu 90% suchen wir aber gezielt selbst. Was ein wirklich cooler Lost Place ist is sowiso Ansichtssache 😉

      Lg,
      Roach 😀

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  3. Eine schön nachvollziehbare Anleitung 🙂 Da merkt man, dass du vom Fach bist und dich gut auskennst 🙂 Wie lange brauchst du denn im Schnitt, um neue Lost Places zu finden?
    Besten Gruß
    Henrik

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    • Ohje…das ist wirklich total unterschiedlich, es kommt halt wirklich drauf an mit wie viel Information ich arbeite und obs sprachlich halbwegs läuft. Also im Ernstfall mit gar nichts kann es shcon mal so 2-3 Stundenpro Ort werden. Zum Glück kommt das sehr selten vor. Ansonsten würd ich so grob geschätzt sagen zwischen 30-40 Minuten mit Eckinformationen.

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  4. Solche Plätze finde ich wirklich cool und da entstehen die besten Bilder und da lässt sich auch die Stimmung sehr schön einfangen. Diese Bilder haben einen ganz eigenen Charakter 😉

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  5. Bin zwar kein Jäger von „Lost Places“, finde aber immer mal wieder welche, indem ich einfach mal da lang laufe, wo keiner hinläuft.
    Solche Plätze sind echt magisch, ja fast märchenhaft.

    Wenn ich mal welche finden will helfen Deine Tipps auf jeden Fall weiter!

    Sonnige Grüße von Nina von Kamikatzedesign-berlin

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  6. Lost Places haben für mich immer etwas Geheimnisvolles. Wobei ich die Suche nicht ganz so stringent verfolge. Deine Tipps helfen auf jeden Fall auch nich den letzten zu entdecken👍

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  7. Stimme Dir voll und ganz zu. Im www suchen und finden. Mehr braucht es eigentlich nicht. Ein nettes Netzwerk mit Gleichgesinnten hilft auch. Wie Du in den Vorkommentaren schon geschrieben hast: Der Vandalismus neuerdings, den es eigentlich auch schon immer gegeben hat, nervt tierisch. Ich glaube allerdings nicht, das die Vandalen dafür zig Kilometer fahren. Das dürfte dann wohl eher die hiesige Dorfjugend sein die z.B. durch diverse Youtube Videos auf ihre Nachbarschaft aufmerksam geworden sind.

    P.S. Viel Spaß bei Deiner Reise nach Frankreich, Luxemburg und natürlich Belgien. Und natürlich offene Türen und tolle Motive

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  8. Das finde ich richtig spannend! Ein bisschen wie Detektiv spielen 😉 Aber vielleicht hab ich als Kind zu oft Fünf Freunde gehört 😉
    Dein Hobby find finde ich auf jeden Fall richtig toll und interessant! Ich bin gespannt auf weitere verlassene Orte 🙂

    Viele liebe Grüße,

    Tabea

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  9. Tolle Tipps. Wäre ich nicht drauf gekommen. Als jetzt erst im Schwarzwald war, habe ich an dich denken müssen. Da war ein verlassenes Hotel, nein zwei und wäre so gerne reingegangen. Aber keine Chance. So schade. Ich würde gerne was solche Gebäude und Zimmer zu erzählen haben 😀 schade dass sie sprechen können.
    Liebe Grüße Caro

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